Offenes Archiv Kluger Hans

Stephan Zandt / Anne Hölck

2014

„Kann man einem Pferd – vorausgesetzt es verfügt über ein ausbildungsfähiges Verstandesleben – selbstständiges Denken beibringen? Das ist die Frage, die sich der pensionierte Lehrer Wilhelm von Osten (1938-1909), Besitzer und Trainer des »Klugen Hans«, stellte und zu deren Beantwortung er im Hinterhof seines Hauses das experimentelle Setting einer tierlichen Elementarschule errichtete. Der Kluge Hans wurde seiner Zeit von allen Arbeitsverpflichtungen als Kutschpferd freigestellt und sollte nicht zur körperlichen Arbeit, sondern zum Denker erzogen werden.“

Der Kulturwissenschaftler Stephan Zandt recherchierte für seinen Essay »›Experimental Life‹ – Tier-Ökonomien im Alltag und in der Ethologie der Moderne« die Geschichte des Klugen Hans.1 Das Pferd wurde zu Lebzeiten weltweit bekannt, da es angeblich »rechnen konnte« (ca. 1895-1916). Der Psychologe Oskar Pfungst (1874-1933) demonstrierte im Rahmen eines Gutachtens zu den Experimenten mit Hans, dass das Pferd vielmehr auf minimale unbewußte Körperbewegungen von Menschen reagierte, die die Antwort auf die Rechenfrage kannten.2 Im Gegensatz zur historischen Rezeption, die mit dem Klugen Hans vor allem den Durchbruch der experimentellen Psychologie verbindet, stellt Zandt für seine Recherche die Möglichkeiten, tierliche Fähigkeiten und Lebensumstände zu beschreiben, ins Zentrum. Zusammen mit der Kuratorin Anne Hölck konzipiert, waren im »Offenen Archiv Kluger Hans« die Text- und Bildquellen zugänglich.

 

1  publiziert in Chimaira AK (Hg.) (2013): Tiere Bilder Ökonomien. Aktuelle Forschungsfragen der Human-Animal Studies, Bielefeld: transcript, S.137-160.

2 Pfungst, Oskar (1977/1907): Der Kluge Hans. Ein Beitrag zur nichtverbalen Kommunikation. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Frankfurter Fachbuchhandlung für Psychologie